September 2019

Antigone-Adaption von Bodo Wartke: Buch verfügbar

Das Hamburger Büro des Mehrspartenkünstlers Bodo Wartke lässt Wissen, dass nicht nur der Text zum bekannten in Alltagssprache gefassten heiter-ernsten Ein-Mann-Stück Ödipus, sondern auch derjenige der aktuellen Bearbeitung des Stoffs der Antigone jetzt als Taschenbuch erhältlich ist (siehe neue Publikationen). Das Video zu Antigone befindet sich im Schnitt und wird in etwa zwei Monaten auf den Markt kommen.


Zur FIEC-Resolution, die Aufnahme von Latein und Altgriechisch ins UNESCO-Welterbe zu befördern:

http://fiecnet.blogspot.com/


Bericht vom 15. Kongress der FIEC in London

Vom 4. bis 8. Juli 2019 fand in London der 15. Kongress der FIEC statt. FIEC ist die Abkürzung für ‚Fédération internationale des associations d'études classiques‘, den Dachverband der altertumswissenschaftlichen Gesellschaften und Institutionen, 66 nationale und 15 internationale. Gegründet wurde FIEC nach dem 2. Weltkrieg, um die internationalen Kontakte in den Altertumswissenschaften wiederzubeleben und zu fördern. FIEC unterstützt z. B. jetzt eine Initiative, Altgriechisch und Latein zum immateriellen Weltkulturerbe erklären zu lassen (Mehr auf: fiecnet.org und http://fiecnet.blogspot.com/).

Die Londoner Gastgeber, vor allem das Institute for Classical Studies, hatten die Organisation in Händen und hatten dafür gesorgt, dass gleichzeitig die Jahrestagung der Classical Association stattfand. Eingebunden waren auch die Society for the Promotion of Hellenic Studies und die Society for the Promotion of Roman Studies. Das bedeutete noch mehr logistischen Aufwand, sorgte aber auch für einen lebhaften Zuspruch gerade aus Großbritannien. Ich schätze, dass etwa 600 Teilnehmerinnen und Teilnehmer an den sommerlich-sonnigen Tagen die Hörsäle im Stadtteil Bloomsbury den nahegelegenen Parks und Attraktionen vorzogen.

Die Vorträge des wissenschaftlichen Programms waren in thematischen Panels organisiert, um die sich die Beiträger im Kollektiv hatten bewerben müssen. Dass ‚all-male‘-Gruppen ausdrücklich ausgeschlossen waren, hatte im Vorfeld für Diskussionen gesorgt und erwies sich letztlich auch als Reklame.

In bis zu 12 Parallelveranstaltungen konnte man sich in allen Bereichen der Classics informieren, von der Klassischen und Provinzialarchäologie über die antike Philosophie, die Philologien und, ein eindeutiger Trend in den letzten Jahren, in der lateinischen und griechischen Spätantike, bis zur Rezeptionsgeschichte.

Eingeleitet wurde das Programm mit einer Podiumsdiskussion ‚Classics in the 21st century‘, und unterbrochen von je zwei Plenarvorträgen am Tag. Im Podiumsgespräch wurde thematisiert, wie man postkoloniale Überheblichkeit bei der Erforschung und Vermittlung der antiken Kulturen vermeiden könne. Nicht ganz ohne Ironie war es, dass diese Diskussion nahezu ausschließlich um die anglophone Welt kreiste und natürlich in rasantem Sprechtempo auf Englisch geführt wurde. Zwei der Vorträge möchte ich kurz erwähnen: Jonas Grethlein (Heidelberg), der über ‚Metalepsis in Ancient Greek Literature and Criticism? The Limits of Narratology in Classics’ sprach und zu grundsätzlichen methodischen Fragen Stellung nahm, und Ida Östenberg (Göteborg) mit ihrem Beitrag ‚Dulce et decorum. Dying for the fatherland (or not) in ancient Rome’. Frau Östenberg deutete Horaz’ Römerode (c. 3.2) im Lichte der historischen Praxis, mit der im republikanischen Rom der Kriegsgefallenen gedacht wurde.

Im Rahmenprogramm konnte man eine Bootsfahrt auf der Themse machen (einschließlich Sonnenbrand), einer Vorführung rekonstrukierter Stummfilme mit Antikenbezug und Lifemusik beiwohnen und vor allem, was bei Tagungen mindestens so wichtig wie das Programm ist, neue Kontakte knüpfen und alte auffrischen.

Neue Präsidentin der FIEC ist jetzt, nach Franco Montanari, Gunhild Vidén (Göteborg). Eine der Vizepräsidentinnen, Marta Irigoyen, lädt zur nächsten Tagung ein, die, nach einer Satzungsänderung, nicht erst in fünf, sondern schon in drei Jahren 2022 in Mexiko City stattfinden wird.

Christiane Reitz, Rostock             E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!


Für Themen zum Ägypten der Antike ist SELKETS Blog inzwischen fast schon ein ständiger Begleiter des DAV-Newsletters:

Griechisch-römisches Senatsgebäude in Pelusium entdeckt

Ein riesiges Gebäude, das in griechisch-römischer Zeit wahrscheinlich als Senat genutzt wurde, ist in Pelusium, Nord Sinai entdeckt worden.

Das 2500 qm große Gebäude wurde von ägyptischen und polnischen Archäologen vom Institut für Archäologie und Ethnologie der Polnischen Akademie der Wissenschaften gefunden. Das riesige rechteckige Gebäude aus Ziegeln und Kalkstein konnte von einem Haupttor an der Ostseite betreten werden. Im Inneren war der Senat wie ein halbrundes Amphitheater mit Rundbänken aus rotem Backstein und Marmor aufgebaut.

WEITERLESEN: https://blog.selket.de/aus-der-archaeologie/griechisch-roemisches-senatsgebaeude-in-pelusium-entdeckt#more-15104

Ein Tip: Die österreichische ARGE Archäologie veranstaltet regelmäßig interessante Grabungen und Studienreisen, aber auch andere Veranstaltungen.

Weiterlesen: https://www.arge-archaeologie.at/

Zum Programm: https://www.arge-archaeologie.at/programm-2019/

als aktuelles Beispiel eine Wanderreise durch Lykien:

https://www.arge-archaeologie.at/programm-2019/archäologie-wandern-lykien/


Multinationales Projekt: Ein kostenloser Online-Kurs zu den antiken Städten:

Auf der DAV-Website haben wir schon darauf hingewiesen. Hier noch einmal das pdf-Dokument mit allen Erläuterungen. Beginn des Kurses ist der 12. September.

https://www.altphilologenverband.de/images/stories/dav/Flyer_MOOC_deutsch_Final.pdf

EINLADUNG

Im Zentrum der Macht: Forum Romanum

15. Potsdamer Lateintag an der Universität Potsdam, Campus Griebnitzsee

01.10.2019, 9.15-14.15 Uhr

Anmeldung: ab Montag, 12. August, bis Freitag, 20. September 2019

Anmeldungen erbeten ausschließlich unter: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Programm:

https://www.uni-potsdam.de/fileadmin01/projects/klassphil/Veranstaltungen/Potsdamer_Lateintage/15._LT/Programm_PLT2019.pdf


Landestag des Niedersächsischen Altphilologenverbandes

Der diesjährige Landestag des NAV findet am 20. September 2019 im Clemens-August-Gymnasium Cloppenburg statt. Den Festvortrag am Vormittag hält Prof. Dr. Christine Schmitz (Münster); das Thema lautet:

  • Aeneas: Flüchtling – Held – Stammvater – Mensch.

Mögliche Lektüren von Vergils Aeneis Die Themen der Arbeitskreise am Nachmittag (14.00–17.00 Uhr in drei Runden) lauten:

  • Mündliche Abiturprüfungen (Wieland Richter)
  • Gesprächskreis »Zentralabitur Griechisch« (Stefan Gieseke)
  • Griechisch-AG (Christian Löhr)
  • Mittelalterliche Anfangslektüre (Dr. Dorit Funke)
  • Sprachbildung im Lateinunterricht – Impulse für die Praxis (Prof. Dr. Peter Kuhlmann)
  • Die römische Satire am Beispiel von Petron und Apuleius unter Berücksichtigung moderner Literaturtheorien (Ina Tebben / Dr. Friedgar Löbker)
  • Latein-Entdecker-Tag (Anna-Charlotte Vehling)
  • Digitales Arbeiten mit Navigium (Philipp Niederau)
  • Placetne cum discipulis Latine loqui? (Christian Löhr)
  • Augusteische Dichtung (Dr. Michael Lobe)
  • Konflikt und Streitgespräch. Textpassagen der Leitthemen 3 und 15 (Stefan Gieseke) [Es handelt sich vermutlich um zwei Leitthemen des Griechisch-KC.]
  • Digitales (N. N.)
  • Angebote des Museum August Kestner (Hannover) für Lateinschüler (Stefanie Abraham)
  • Livius-Lektüre für die E-Phase (Dr. Frank Wittchow)
  • Plinius’ Briefe im Lateinunterricht (Dr. Matthias Hengelbrock)
  • Latine loqui und dessen Funktion für das Textverstehen (Dr. Ulrike Bethlehem)
  • Gesprächskreis »Mythologia«: Vokabeltraining mit der Mythologia-App (Clemens Liedtke)
  • Den Römern begegnen: Konzept für eine Mini-Studienfahrt nach Trier mit Lateinlernern der Sek. I (Wieland Richter)

Die Veranstaltung beginnt vormittags um 10.15 Uhr. Das Kongressbüro ist ab 9.30 Uhr geöffnet. Eine vorherige Anmeldung ist nicht erforderlich. Lediglich am Landestag selbst müssen Sie sich im Kongressbüro anmelden, wobei NAV-Mitglieder von der Entrichtung eines Eintrittsgeldes ausgeschlossen sind, während Nichtmitglieder 25,– Euro zahlen oder zu Mitgliedern mutieren dürfen. In jedem Fall erhalten Sie eine Teilnahmebescheinigung.

Weitere Informationen finden Sie auf https://www.navonline.de und https://www.c-a-g.de (Internetauftritt des Clemens-AugustGymnasiums, Bahnhofstraße 53, 49661 Cloppenburg).

Soziologen der FU Berlin greifen auf wissenschaftlich brüchiger Basis die Klassischen Sprachen an, vermischen Reflexionssprachen mit Kommunikationssprachen und begeben sich  neben einem gewissen ideologischen Anstrich zusätzlich in die Nützlichkeitsfalle. Der Tagesspiegel lässt sie sogar selbst einen Text verfassen, der hier stellvertretend für das breite und teilweise unkritische mediale Aufgreifen stehen soll (anders im Herangehen das DLF-Interview unter der Rubrik "Rundfunk"). Die Analyse durch Kipf et al. folgt direkt im Anschluss.

Aus dem "Tagesspiegel":

Mythen um Latein als Schulfach: Falsche Versprechen einer alten Sprache

Latein ist kein Wundermittel, um logisches Denken zu schulen. Die Hochgebildeten aber halten am Mythos fest, um Privilegien zu sichern. Ein Forschungsbericht.

Jürgen Gerhards Tim Sawert Ulrich Kohler

In einer sich zunehmend globalisierenden Welt werden Fremdsprachenkenntnisse im Allgemeinen und die Beherrschung von Englisch im Besonderen immer bedeutsamer. Nur wer fremde Sprachen beherrscht, kann sich über die Länder- und Sprachgrenzen hinweg austauschen. Für Latein gilt allerdings, dass es sich um eine nicht mehr gesprochene Sprachen handelt und man entsprechend mit dem Erwerb des Lateinischen im Unterschied zum Erlernen moderner Sprachen den Kreis seiner Kommunikationspartner nicht vergrößern kann. ...

WEITERLESEN: https://www.tagesspiegel.de/wissen/mythen-um-latein-als-schulfach-falsche-versprechen-einer-alten-sprache/24975580.html


Stefan Kipf et. al.:

Fiktionalität in der Wissenschaft – Analyse einer Studie 

Die Publikation „Des Kaisers alte Kleider: Fiktion und Wirklichkeit des Nutzens von Lateinkenntnissen“, die in der Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 71 (2) 2019, 309-326 erschienen ist und erstaunlicherweise ein beachtliches mediales Echo ausgelöst hat, beschäftigt sich mit den Transfereffekten, die Eltern dem Lateinunterricht in Zeiten der Globalisierung zuschreiben. 

Falsche Zahlen als Grundlage 

Der Studie liegt die Feststellung zugrunde, dass „[o]bwohl Latein eine nicht mehr gesprochene Sprache ist und ihr deswegen kein kommunikativer Nutzen zukommt, […] die Anzahl der Latein als Schulfach wählenden Schüler im Zeitverlauf angestiegen“ sei (309). Auf dieser Aussage basiert auch das übergeordnete, von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Projekt „Die Wahl von Latein und Altgriechisch als schulische Fremdsprachen: Eine Distinktionsstrategie der oberen sozialen Klassen?“1, das an der Freien Universität Berlin angesiedelt ist, aber im Beitrag nicht explizit genannt wird. Doch wie kommen die Forscher zu der Angabe, dass sich der Anteil Latein lernender Schüler an Gymnasien von im Jahr 1999 ca. 26% auf ca. 31% im Jahr 2017 leicht erhöht habe (311) oder der Anteil der Alt-Griechisch lernenden Schüler über diesen Zeitraum bei 0,5 % stagniere (Fußnote 1, 312)? Im Gegensatz zu dieser Darstellung beklagen die Vertreter dieser Fächer seit dem Schuljahr 2008/09 einen kontinuierlichen Rückgang der absoluten und relativen Schülerzahlen (Behrendt & Korn 2016), wobei der Anteil der Lateinschüler an den Gymnasien zuletzt (Schuljahr 2016/17) bei 26,12% lag (Beyer et al. 2017, 13). Die absoluten Zahlen auch aus dem folgenden Schuljahr (611.507 im Jahr 2017/18 zu 632.056 im Jahr 2016/17)2 bestätigen diesen anhaltenden Trend. Eine ohne Aufwand falsifizierbare Aussage legitimiert also ein breitangelegtes Forschungsvorhaben! 

Liebe, verehrte DAV-Mitglieder,
sehr geehrte Freunde und Interessierte,           

willkommen zu den Spätsommernachrichten 2019 beim Deutschen Altphilologenverband!

Zunächst ein Erwähnung in eigener Sache: Ein Trio um den Soziologen Prof. Dr. Jürgen Gerhards (FU) ist mit einer polemisch eingefärbten medialen Aktion gegen den Unterricht in den Klassischen Sprachen und hier vornehmlich gegen Latein auf wissenschaftlich wenig seriöser Grundlage sowohl, was die eigene vorgestellte Studie als auch, was die ebenfalls herangezogene Studie von Haag & Stern von 2003 betrifft, welche sich bereits bald nach ihrem Erscheinen unter anderem als methodisch sehr problematisch herausgestellt hat, an de Öffentlichkeit getreten. Prof. Dr. Stefan Kipf et al. haben die Schwächen der soziologischen Studie aufgedeckt, welche, dies sei hier angemerkt, mit DFG-Mitteln gefördert wurde. Genaueres lesen Sie gleich zum Beginn des inhaltlichen Teils unter „Sondernachricht“.

Eine für manche von uns neue Entdeckung ist die Webpräsenz Audiatur-online aus Zürich, die – mit Schwerpunkt auf jüdisch-christlicher Fokussierung – aus dem israelisch-palästinensischen Raum auch Themen zur Antike aufgreift. Aus dieser Quelle gibt es in diesem Newsletter einen Bericht zu einer archäologischen Stätte nahe Bethlehem.

Zum nämlichen Themenfeld ist an dieser Stelle auch die ARGE Archäologie aus Österreich zu erwähnen, auf deren Newsletter wir verweisen. Ebenfalls aus Österreich: Die Tiroler Tageszeitung brachte ein Interview mit unserem Humanismuspreisträger von 2014 Michael Köhlmeier.

Es gibt Fragen zur Vulgata aus der Perspektive des Lateinlernens wie aus der der Authentizität. Eine „Vulgata“ im Sinne einer Volksausgabe gibt es von Bodo Wartke nach seiner erfolgreichen „Ödition“ nun auch zu Antigone (siehe Bucherscheinungen). Ebenso bekommt die von Rick Riordan fürs breitere Publikum geschriebene und auf der antiken Mythologie fußende Jugendbuchserie mit der literarischen Figur Percy Jackson eine neue Folge. Überhaupt beschäftigt viele die Antikenrezeption mit den Augen unserer Zeit, manche auch, was daraus entsteht: Letzteres dokumentiert zum Beispiel das neue Buch von Prof. Dr. Thomas Wilke über den Filmhelden Spartacus im Spannungsfeld zwischen historischer Verbürgtheit, wahrscheinlichen Denkmustern in der späten römischen Republik und gängigen Erwartungshorizonten unserer heutigen Gesellschaft hinsichtlich der Adaption des Themenfeldes.

Falls Sie selbst eine Nachricht oder eine Ankündigung weitergeben möchten, können Sie sich an folgende E-Mail-Adresse wenden: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Uns bleibt wie immer, Ihnen für Ihr Interesse zu danken und eine anregende Lektüre zu wünschen.

Für den DAV-Vorstand und die Beitragenden des Newsletters
Hartmut Loos, Prof. Dr. Ulrich Schmitzer sowie Dr. Anne Friedrich