Sappho, Lieder. Griechisch/Deutsch. Hrsg. und übersetzt sowie mit Anmerkungen und Nachwort versehen von Anton Bierl. Reclam Verlag: Stuttgart 2021. 448 S. EUR 14,80 (ISBN 978-3-15-014084-0)

Anton Bierl, Professor für Gräzistik an der Universität Basel, hat eine neue Ausgabe der Werke der griechischen Dichterin Sappho vorgelegt. Sie nannte sich selbst Ψάπφω/Psappho und wurde von Platon als zehnte Muse bezeichnet. Sappho wird nach Aussagen des Forschers für eine Ausnahmeerscheinung gehalten und galt als einzigartige selbständige Frau in einer Welt, in der Männer dominierten. Die Themen ihrer Lieder, die fast nur fragmentarisch überliefert sind, sind Eros und die weibliche homoerotische Liebe. Vieles Mysteriöse ist mit ihrer Person verbunden. Bierl bietet neben den griechischen Texten eine eigene Übersetzung ins Deutsche. Nur ein kleiner Bruchteil ihrer Texte ist tradiert, aber im Laufe der Zeit wurden immer wieder Textteile als Zitate bei anderen Autoren gefunden, zuletzt im zwanzigsten Jahrhundert, 2004 von zwei Kölner Klassischen Philologen (Michael Gronewald und Robert Daniel) und 2014 von dem amerikanischen Papyrologen Dirk Obbink. Bierl bietet den Lesern zweckmäßige Hilfen, einmal durch die zahlreichen Anmerkungen zu jedem Text, zum anderen in seinem sehr gehaltvollen Nachwort. Darin finden sich Hinweise auf die familiäre Herkunft Sapphos und auf die damalige Gesellschaft auf Lesbos (7./6. Jahrhundert v. Chr.), Ausführungen über ihre Auffassung von Lyrik, über Mythos, Rituale und Poesie und über die sogenannte Sapphische Frage: weibliche Homoerotik und der Mädchenkreis. Bierl bietet Einblicke in die Überlieferung und Anordnung des Textes und geht ausführlich auf die Rezeption ein. Er erläutert seine Vorstellung von Translation. Wer sich mit frühgriechischer Lyrik und speziell mit dem Werk Sapphos befassen will, wird viel Freude an diesem Buch haben, das auf dem neuesten wissenschaftlichen Stand ist.

(Rezension: Dietmar Schmitz)

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