Verehrte Leserinnen und Leser,
angesichts neuerlicher Kriegs- und Krisenthemen im jüngsten Quartal können die klassischen Sprachen und ihr Umfeld in der journalistischen Beachtung und Berichterstattung nicht ganz im Vordergrund stehen. Dennoch gab es einige Ansätze, sowohl die Klassischen Sprachen als auch die Sachthemen, die sich daran binden, aufzugreifen. So gab es zum Beispiel zu berichten, dass die Domus Tiberiana auf dem Palatin in Rom wieder geöffnet wurde - nach immerhin 50 Jahren der Restauration. Nicht weit entfernt wurde kürzlich überdies noch eine üppig ausgestattete weitere römische Villa entdeckt. Die Archäologie hat überhaupt diesmal im Umfang die Nase vorn. Dabei kommt, wie nicht anders zu erwarten, der Golf von Neapel nicht zu kurz.
Der Medienspiegel ist insgesamt etwas kürzer als zuletzt, aber, wie wir hoffen, gut sortiert. Wir wünschen Ihnen daher wie stets gewinnreiche Lektüre, frohe Weihnachten und einen glücklichen Beginn des Jahres 2024.
Im vergangenen Quartal gab es wieder vor allem Beiträge aus folgenden Bereichen:
- Die Klassischen Sp achen als Lerngegenstand
- Die Gegenwart der Antike
- Neues aus den benachbarten Altertumswissenschaften
Zum Themenbereich 1.
Latein im Rundfunk
Anfang Dezember 2022 sendete das Kulturradio des SWR einen gut sortierten und auf gründlicher Recherche fußenden Halbstünder zum heutigen Lateinunterricht. Genau ein Jahr danach folgt dessen Wiederholung, was als günstiges Zeichen verstanden werden kann (vgl. den DAV-NL Nr. 30):
SWR2 WISSEN
Latein als Schulfach – Das Potenzial der alten Sprache
Aus dem Erläuterungstext zur Erstausstrahung durch SWR2:
[...] Lateinlehrer sehen sich zu Unrecht in der Defensive und betonen die Vielfalt ihres Fachs.
Tatsächlich entdeckt die Schuldidaktik sein Potenzial neu: Spracherwerb, moderne Lektüre, Integrationshilfe und kulturelle Bildung. Wird das Schul-Latein unterschätzt?
Wiederholung der Sendung vom Sa., 2.12.2023 8:30 Uhr, SWR2 Wissen, SWR2
Link: Latein als Schulfach – Das Potenzial der alten Sprache - SWR Kultur
WochenAnzeiger/Lokalkompass
ZWEITE FREMDSPRACHE: Lohnt es sich Latein zu lernen?
Link: Zweite Fremdsprache: Lohnt es sich Latein zu lernen? - Duisburg (lokalkompass.de)
Zum Themenbereich 2.
- Neulatein -
Der allergrößte Teil der erhaltenen lateinischen Literatur ist nachantik. Die Fülle dieser Literatur aus dem Mittelalter und der Neuzeit ist groß, und so manches davon ist noch unerschlossen, vieles auch noch nicht übersetzt. Die Klassische Philologie befasst sich seit Jahren zunehmend mit diesem Schriftenkorpus. Um die oft sehr anregenden und wichtigen Inhalte für den Schulunterricht zu erschließen, ist es günstig, nicht nur die Bildungspläne dafür zu öffnen, was mit einer gewissen Zögerlichkeit schrittweise geschieht, sondern auch mehr Texte für die Lektüre aufzubereiten. Bisher ist das Angebot noch überschaubar. Aber es scheint sich hier eine größere Aufmerksamkeit anzubahnen. Falls Lehrkräfte und Verlage dieser Sparte trotz der Begrenztheit zeitlicher und finanzieller Ressourcen Kapazitäten einräumen könnten, wäre dies sicher gewinnreich.
Die Forschung, welche an mehreren gut vernetzten Universitätsinstituten Schwerpunkte hat - so zum Beispiel in Innsbruck -, richtet Kongresse mit einer erstaunlichen Themenvielfalt und Erkenntnisfortschritten aus, welche große Beachtung verdienen. Eine Repräsentantin der Forschung im Bereich des Neulateins wurde vor einiger Zeit vonm STANDARD interviewt. Es handelt sich um Isabella Walser-Bürgler.
Das Interview hat dankenswerterweise keine Bezahlschranke:
DER STANDARD
GEISTESBLITZ: Die Philologin mit großem Faible für Neulatein
Für die Philologin Isabella Walser-Bürgler geht es bei Latein um viel mehr als nur um Übersetzen
Zur Wiedereröffnung der Domus Tiberiana auf dem Palatin
EURONEWS
Antiker römischer "Machtpalast" öffnet 50 Jahre nach Schließung wegen Restaurierung wieder seine Tore
Das fast 2000 Jahre alte Domus Tiberiana beherbergte in der Kaiserzeit die Herrscher der Stadt.
Dokudramen in Serie:
Frankfurter Rundschau
„Imperien der Antike“: Reiné und York im Interview – „Die Darstellung der Wahrheit ist sehr wichtig“
Link: „Imperien der Antike“ auf HISTORY Channel: Reiné und York im Interview (fr.de)
NATIONAL GEOGRAPHIC
Abtreibung in der Antike: Die Geschichte der Schwangerschaftsabbrüche
Vom Alten Ägypten bis ins Römische Reich: Schwangerschaftsabbrüche werden schon seit der Antike durchgeführt – und waren damals in vielen Kulturen nicht verboten. Von den Anfängen einer lebenswichtigen medizinischen Praxis.
Link: Abtreibung in der Antike: Die Geschichte der Schwangerschaftsabbrüche | National Geographic
THEATER DIE RHEINPFALZ LUDWIGSHAFEN
Odysseus und der Gazstreifen: Tilman Gersch inszeniert antike Dramen am Theater im Pfalzbau
Die Stücke Hardcore-Bildungsbürgerstoff, die junge Schauspielerin Luise von Stein ist eine Nachfahrin von Goethes Herzenshofdame Charlotte. [...]
Vorschau auf eine Ausstellung 2024
Erzbistum Paderborn: „Corvey und das Erbe der Antike“
Internationaler Expertenkreis diskutiert in Paderborn über Kaiser, Klöster und den Kulturtransfer im Mittelalter
Gut ein Jahr vor Beginn der großen Sonderausstellung „Corvey und das Erbe der Antike“ (21. Sept. 2024) beginnt im Erzbischöflichen Diözesanmuseum in Paderborn die entscheidende Phase der Vorbereitung.
Link: „Corvey und das Erbe der Antike“ (erzbistum-paderborn.de)
Als Reaktion auf Karl-Wilhelm Weebers neues Buch:
DIE WELT
PREKARIAT IN ROM: „Alle Teile ihres Körpers wurden begutachtet und abgetastet“
Den Bewohnern des antiken Rom wird gern ein dekadentes Dasein mit Brot und Spielen zugeschrieben. Das hatte mit der Lebenswirklichkeit wenig zu tun. Das Gros der Römer musste hart arbeiten, und sei es in „aufgeilenden Kaschemmen mit Sexbetrieb“.
Link: Sexbetrieb im antiken Rom: „Alle Teile ihres Körpers wurden begutachtet und abgetastet“ - WELT
Der Buchtitel dazu:
Karl-Wilhelm Weeber: Arm in Rom. Wie die kleinen Leute in der größten Stadt der Antike lebten. (wbg/Theiss, Darmstadt. 223 S., 25 Euro).
Zum Themenbereich 3.
SELKETS BLOG
Weitere Bereiche des Grand Egyptian Museums geöffnet
Ohne großen Vorab-Presserummel hat das Grand Egyptian Museum (GEM) am Donnerstag dieser Woche weitere Bereiche für Besucher geöffnet. In der ägyptischen Presse wird von einem „Soft-Opening“ des GEM gesprochen. Die offizielle Eröffnung des gesamten GEM lässt (natürlich) weiterhin auf sich warten.
Link: Ägypten News - Aktuelles aus Archäologie, Reisen, Museen | selket.de
Zuvor bereits: Museum in Alexandria nach 18 Jahren wiedereröffnet
Link: Museum in Alexandria nach 18 Jahren wiedereröffnet (selket.de)
Nachfolgend kann man lesen, wie man dem Vorstellungsvermögen aufhilft (und von Männern und TikTok und der Frage, wie oft Männer an das antike Rom denken)...
Stuttgarter Zeitung
Digital-Projekt „Rome Reborn 4.0“
3D-Reise ins antike Rom
Das Römische Reich ging vor 1547 Jahren unter. Seitdem ist viel Wasser den Tiber hinuntergeflossen. Doch das Interesse an Rom und der antiken Welt ist größer denn je – wie das faszinierende 3D-Projekt „Rome Reborn 4.0“ zeigt.
Link: 3D-Reise ins antike Rom (stuttgarter-zeitung.de)
Weiter mit digital unterstützten Projekten:
Die Schriften aus der VILLA DEI PAPIRI
National Geographic
Vesuvausbruch: KI macht verkohlte Schriftrollen aus Herculaneum lesbar
Im Jahr 79 n. Chr. wurde die Villa dei Papiri unter meterhohem Vulkanschlamm begraben – und mit ihr etliche wertvolle Schriftrollen. Bislang konnten diese zwar geborgen, aber größtenteils weder geöffnet noch gelesen werden. Dank KI ändert sich das nun.
Link: Vesuvausbruch: KI macht verkohlte Schriftrollen aus Herculaneum lesbar | National Geographic
Ein ausführliches Interview mit dem neuen Chef des antiken Pompeji
DIE WELT
„Wir können den Verfall nicht stoppen, sondern nur extrem verlangsamen“
Link: Deutscher Pompeji-Direktor: „Wir können den Verfall nicht stoppen“ - WELT
DAMALS.DE
Pompeji: Wahlwerbung auf die römische Art
Bei Ausgrabungen in Pompeji haben Archäologen an der Innenwand eines Gebäudes eine antike Wahlwerbung entdeckt. [...]
Link: Wahlwerbung auf die römische Art
stern
2000 JAHRE ALT: Schockierende Seite der "antiken Sklaverei" – Gefängnisbäckerei in Pompeji entdeckt
Link: Pompeji: Überreste von Gefängnisbäckerei in der antiken Stadt gefunden | STERN.de
Artikel mit einer Aufnahme für detaillierte Sicht von oben und mehr:
Europas Supervulkan: Wie gefährlich sind die Phlegräischen Felder?
Über 16 Kilometer Durchmesser misst die größte europäische Caldera nahe Neapel, entstanden durch eine Supereruption vor 39.000 Jahren. Seit dem letzten kleineren Ausbruch sind über 400 Jahre vergangen. Sind jüngste Erdbebenschwärme ein Grund zur Sorge?
Link: Europas Supervulkan: Wie gefährlich sind die Phlegräischen Felder? | National Geographic
Neu ausgegraben:
SPEKTRUM.DE
AUSGEFALLENE WANDVERKLEIDUNG: Rustikales Mosaik in antiker römischer Stadtvilla freigelegt
Muscheln, bunte Steine und Marmorplättchen zieren die Wände einer antiken Stadtvilla. Sie wurde vor rund 2000 Jahren erbaut und nun unweit des Kolosseums in Rom entdeckt.
Link: Rustikales Mosaik in antiker römischer Stadtvilla freigelegt - Spektrum der Wissenschaft
Ebenfalls ausführlich:
EURONEWS:
Mit Video (tagesschau24):
Fund von Archäologen: Antike römische Stadtvilla in Rom entdeckt | tagesschau.de
Deutschlandfunk
Flacherdler im Irrtum: Schon für die Antike war die Erde eine Kugel
Wissenschaftsskeptiker behaupten gern, dass einst auch die meisten Gelehrten die Erde für flach hielten. Das ist jedoch Unfug. Schon in der Antike wurde die Kugelform des Planeten berechnet. Für Gelehrte gibt es seitdem daran keinen Zweifel.
Link: Die Erde ist rund - das wusste schon die Antike (deutschlandfunk.de)
En passant...
Der Latein- und Griechischlehrer Jürgen Karl Beckers als Kabarettist Hausmann:
Gießener Allgemeine
Humoristische Retrospektive zum Schlapplachen
Gießen (kdw). Es kann sein, dass mancher Jürgen B. Hausmann noch nicht kannte, aber nach seinem Auftritt in der rappelvollen Kongresshalle wird man ihn nie wieder vergessen. Der rheinländische Kabarettist war mit seinem Programm »Jung, wat biste jroß jeworden!« zu Gast und servierte eine ungewohnte Mischung aus kabarettistischem Rückblick und humoristischem Dauerfeuer.
Link: Humoristische Retrospektive zum Schlapplachen (giessener-allgemeine.de)
DIE PRESSE
Jugendwort des Jahres? BRAKKA gab es schon im alten Rom
Was „Brakka“ bedeutet? Ach, hätten doch alle in Latein aufgepasst. Oder zumindest beim Asterix.
Link: Jugendwort des Jahres? Brakka gab es doch schon im alten Rom | DiePresse.com
Zusammenstellung und Kommentierung der Medienschau:
Karl Boyé