Liebe Mitglieder des Deutschen Altphologenverbandes,
liebe Freunde der Alten Sprachen,
amici linguarum antiquarum, φίλοι γλωσσῶν ἀρχαίων!
In großer Vorfreude auf den Bundeskongress in Wuppertal senden wir Ihnen und Euch heute unseren Newsletter!
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Eleanor Dickey, Latin Loanwords in Ancient Greek. A Lexicon and Analysis, Cambridge (Cambridge University Press) 2023, ISBN 978-1-108-84100-9, ca. 190,00 €
Die griechisch-römische Antike ist zweisprachig. Und nicht nur die Literaturen regen einander an, auch die Sprachen tun es. Dass eine solche Anregung auch vom Lateinischen ausgehen und auf das Griechische wirken kann, dafür legt das hier vorzustellende Lexikon beredtes Zeugnis ab: Eleanor Dickey stellt darin 820 belegbare lateinische Lehnwörter im Griechischen und 1.002 mögliche Lehnwörter zusammen. Dazu kommen, den Regeln wissenschaftlicher Exaktheit folgend, über 1.000 Wörter, die entweder zwar lateinischen Ursprungs, aber keine Lehnwörter sind, oder nachantik oder nicht auf das Lateinische zurückzuführen oder gar nicht existent (sondern auf falsche Lesarten, die in ältere Lexika Eingang gefunden haben, zurückgehend) sind. In der Einleitung legt die Verfasserin die Hauptschwierigkeit dar – nämlich zu unterscheiden, wo noch Phänomene des Code Switching (also das zitierende Hinübergleiten in die andere Sprache) vorliegen und wo man bereits von lateinischen Lehnwörtern im Griechischen sprechen kann: Häufigkeit erscheint dabei als wichtigstes Kriterium, daneben sind es Phänomene morphologischer Angleichung. Der umfangreiche Lexikonteil (23–502) lädt zu einer Entdeckungsreise in Sprache und Kultur des antiken Mittelmeerraums ein: So findet das lateinische Adjektiv bonus seinen Weg ins Griechische (zu βόνος oder βῶνος) und bezeichnet die ‚Handelsgüter‘ (βόνα) in byzantinischen Texten, in denen übrigens die ‚Einführung ins römische Recht‘ ἰνστιτοῦτα heißt. Galen erwähnt ein Schmerzmittel namens ἰουκούνδα (natürlich von iucundus), und Dinge oder Personen, die mit der Getreideversorgung zu tun haben, können φρουμεντάριος (< frumentarius) heißen. Die lateinischen Monatsnamen wie Ἰανουάριος, Φεβρουάριος usw. sind ebenso bis ins moderne Griechisch lebendig geblieben wie die Bezeichnung der ‚Germanen‘ als Γερμανοί. Das neugriechische Wort für ‚Zisterne‘, nämlich στέρνα, geht über κιστέρνα auf das lateinische cisterna zurück, das Adjektiv ‚gelb‘, κίτρινος, auf citrum (‚Zitronenbaum‘) oder citrium (‚Zitrone‘) und das Wort für ‚Windel‘, φασκιά, über φασκία, auf fascia (‚Binde‘). Und natürlich steht hinter der griechischen Taverne (ταβέρνα) die lateinische taberna. Der lateinische circus gelangt, noch mit k-Aussprache, als κίρκος ins antike Griechisch und, bereits mit z-Aussprache, als τσίρκο ins moderne. Und der noch immer verwendete Ausdruck φούρνος für die Bäckerei lässt sich auf eine in die Antike zurückreichende Übernahme des lateinischen Wortes für Ofen, furnus, zurückführen. – Der Lexikonteil wird dadurch geradezu von vorne bis hinten lesbar, dass Eleanor Dickey jedes Lemma kategorisiert insbesondere in „Direct loan“ (mit Zeitangabe – das sind die interessantesten Beispiel, aus dieser Gruppe stammen auch die meisten der aufgeführten Beispiele), „rare“ (nur vereinzelt belegte Lehnwörter) und „foreign“ (Wörter, die, wenn auch transkribiert, Fremdausdrücke bleiben und nicht ins Griechische eingehen – etwa φάμουλος für famulus, ‚Diener‘). Dazu kommen noch die Einteilungen in „not Latin“, „not ancient“ und „not existent“ für Wörter, denen in antiken Lexika oder in der Forschung ein lateinischer Ursprung attestiert wird, der aber einer Prüfung nicht standhält. Der Anhang (503–667) nimmt systematische Aspekte des erfassten Sprachkontakts in den Blick: Wie werden lateinischen Lehnwörter im Griechischen geschrieben, gebeugt und akzentuiert? Wie funktioniert die Übernahme von Suffixen? Wann bleiben lateinische Fremdwörter im Griechischen erhalten? Der chronologische Überblick lässt einen Höhepunkt der Übernahmen, die mit Polybius im zweiten Jahrhundert vor Christus fassbar werden, im zweiten und dritten Jahrhundert nach Christus erkennen. Danach verschwinden Wörter auch wieder, einige leben, wie oben schon angedeutet, im Neugriechischen fort (dazu 589–593). Schließlich erfährt man noch, dass lateinische Wörter insbesondere in griechischen Papyrus-Urkunden, aber auch in Inschriften und literarischen Texten fassbar werden, und zwar vor allem in den Bereichen des Alltagslebens (Recht, Militär, Handel) – auch hierzu bietet die Verfasserin eine weit differenziertere Darstellung, als ein kurzer Blick hier sie auch nur annähernd fassen könnte. Besonders spannend (und vielleicht sogar eine Anregung für eine interkulturelle Vertiefung lateinischer Wortschatzarbeit?) ist der „Index of Latin Words“ (704–731). Alles in allem bietet die Verfasserin in ihrem höchst systematisch aufgebauten und akribisch zusammengetragenen Lexikon einen vorzüglichen Einblick in die bilinguale Alltagswelt und die kulturelle Vielfalt der Antike. der sowohl die neugierige Entdeckungsreise wie auch die erkenntnisorientierte Berücksichtigung unbedingt lohnt.
Stefan Freund
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