Hartwin Brandt, Handbuch der Altertumswissenschaft III, 11. Die Kaiserzeit. Römische Geschichte von Octavian bis Diocletian. 31 v. Chr. – 284 n. Chr. C. H. Beck: München 2021. 707 S. 98 EUR (ISBN: 978-3-406 77502 4).
Hartwin Brandt, ordentlicher Professor für Alte Geschichte an der Universität Bamberg, hat sich der mühevollen Arbeit unterzogen, das Handbuch der Altertumswissenschaften für die Römische Kaiserzeit neu zu verfassen. Es steht in der Tradition mehrerer von Hermann Bengtson verfassten Handbücher. Sehr zu begrüßen ist, dass der Verfasser die Möglichkeit erhielt, am Institute for Advanced Study in Princeton mehrere Monate im Jahr 2015 und während des akademischen Jahres 2017/2018 an dem Handbuch zu arbeiten. Außerdem förderte die Deutsche Forschungsgemeinschaft das Projekt, indem es eine Freistellung von allen Lehrverpflichtungen unterstützte (Oktober 2019 bis September 2020). Ohne derartige Förderungen ist es kaum möglich, ein solches Handbuch zu verfassen. Gleich zu Beginn des Vorworts richtet Hartwin Brandt Dankesworte an den Kölner Althistoriker Werner Eck, der das Manuskript begutachtet und sorgfältig studiert hat. Eck gilt als einer der profiliertesten Forscher der römischen Kaiserzeit. Im Literaturverzeichnis gibt es auf 4 Seiten Hinweise auf seine Publikationstätigkeit. Hartwin Brandt verfügt über immense Kenntnisse der gesamten römischen Kaiserzeit, denn er hat zwei Monographien über die Zeit von Diokletian bis zum Ende der konstantinischen Dynastie (284-363) (Berlin 1998) und über das Ende der Antike (München 2001) verfasst.
In der Einleitung (1-12) erläutert Hartwin Brandt seine Konzeption des Handbuchs. En passant erfährt der Leser, dass der spätere Kaiser Augustus sich nie Octavianus nannte, sondern nur Caesar. Gleich hier wird deutlich, dass sich Hartwin Brandt einerseits auf die antiken Quellen stützt, andererseits die aktuelle Forschungslage sehr gut kennt und für das Handbuch aufbereitet hat. Er möchte aber nicht „primär Zahlen, Daten und Fakten, also eine Summe und Ausbreitung sämtlichen verfügbaren positiven Wissens über die inneren und äußeren Geschehnisse und Verhältnisse zur Zeit des römischen Kaiserreiches“ bieten (5). Hartwin Brandt beabsichtigt „kein lexikonartiges Nachschlagewerk“ vorzulegen (5), „sondern eine in sich stimmige, durch ein stringent verfolgtes, argumentatives Konzept konsistente Gesamtdarstellung“ (5). Um es vorweg zu nehmen kann der Rezensent bereits an dieser Stelle mitteilen, dass Hartwin Brandt sein Ziel erreicht hat. Er erläutert auch, warum er Strukturen, Verhältnisse und Veränderungen in den Städten und Provinzen unberücksichtigt gelassen hat, die die Kaiser selten oder gar nicht aufgesucht haben (4). Vielmehr „setzt die vorliegende Darstellung auf ein variables, für die verschiedenen Kaiser je nach Überlieferungslage flexibel zu realisierendes, integriertes Konzept von Herrschaftsgeschichte, gelegentlich auch von Sozial-, Wirtschaft-, Kultur und Mentalitätsgeschichte, vor allem aber: auf die Analyse von Kommunikation und soziopolitischer Interaktion im weitesten Sinne“ (4). Hartwin Brandt erhebt keinen Totalitätsanspruch, sondern wählt je nach Bedarf aus dem breiten Spektrum an literarischen, epigraphischen, papyrologischen, numismatischen Quellen und archäologischen Denkmälern aus. Er rechtfertigt den Anfangspunkt, den das Jahr 31. v. Chr. darstellt, sowie das Jahr 284 n. Chr. als Schlussakkord (6f.). In dieser Rezension geht es nicht darum, viele Details aus dem Buch von Hartwin Brandt anzuführen oder gar zu kommentieren, vielmehr soll sie einige wichtige Eindrücke und einen Einblick gewähren - exemplarisch an drei Kaisern - wie der Verfasser des Handbuchs konzeptionell vorgegangen ist. Wenn der Autor eines Handbuchs wesentliche Erkenntnisse des aktuellen Forschungsstandes vermitteln soll, so ist es ihm gleichwohl gestattet, eigene Akzente zu setzen, auch bei der Wahl bestimmter Begriffe. So lehnt Hartwin Brandt die von Egon Flaig präferierten Ausdrücke „Akzeptanzsystem“ und „Akzeptanzmonarchie“ ab (9), sondern hat einen etwas schwerfällig anmutenden Ausdruck kreiert, nämlich: „Akzeptanzbedürfnissystem“ (9). Er meint damit folgendes: Realiter gab es keine Bemühungen, den von Augustus konzipierten Prinzipat zu verändern und eine neue Ordnung zu schaffen, „vielmehr waren es die individuellen Principes, welche in unterschiedlicher Art und Weise Akzeptanz für die eigene Person, ihre Familie und ihre besondere Form der Ausübung der Leitungsfunktion herstellen und erhalten mussten und dabei gelegentlich auch scheiterten“ (9).
Um die Akzeptanz der unterschiedlichen Gruppierungen in der damaligen Gesellschaft zu erreichen, war der jeweilige Prinzeps zur Kommunikation gezwungen. Diese beiden Kategorien gemeinsam mit den bereits angeführten verschiedenartigen Quellen sind die entscheidenden Merkmale dieses Handbuches.
Bevor ich auf die drei Kaiser (Augustus, Tiberius, Mark Aurel) zu sprechen komme, möchte ich einen kurzen Überblick über das Buch bieten. Der Aufbau richtet sich erwartungsgemäß nach chronologischen Gesichtspunkten. Im ersten Kapitel liefert Hartwin Brandt Informationen über die vorhandenen Quellen (13-35). Der erste Teil besteht aus einem Überblick, im zweiten Teil stellt er einzelne Autoren vor (21-34), von Aelius Aristides (21) bis Zosimos (34). Eine solche Übersicht ist für den Nutzer des Handbuchs hilfreich, denn er erfährt nicht nur grundlegende Informationen über die Autoren, sondern auch über wichtige Textausgaben und deutsche Übersetzungen. Im zweiten Kapitel wendet sich Hartwin Brandt dem ersten Kaiser der römischen Geschichte zu, nämlich Augustus (35-115), um sich im dritten Kapitel mit der julisch-claudischen Dynastie zu befassen (116-213). Die Repräsentanten dieser Epoche sind Tiberius (116-147), Caligula (147-168) und Nero (168-213). Das vierte Kapitel thematisiert das Vierkaiserjahr 68/69 n. Chr. (214-233). Danach stehen im fünften Kapitel die Flavier im Vordergrund (234-284). Die Adoptivkaiser sind die Hauptakteure der Zeit von 96 bis 180 n. Chr. (285-402). Die wichtigsten Kaiser waren Traian, Hadrian und Mark Aurel. Im siebten Kapitel stehen das Ende der Zeit der Adoptivkaiser und die Epoche der Severer im Fokus (403-481). Der Titel des achten Kapitels lautet: „Krise oder Transformation? Die Zeit der Soldatenkaiser (235-284) (482-585).
Der Anhang (589-707) enthält Karten, eine Zeittafel, Stammtafeln, Angaben zu Abkürzungen und ein sehr umfangreiches Literaturverzeichnis. Den Abschluss bilden das Stellenregister, das Personenregister sowie das allgemeine Register. Auch wenn das Literaturverzeichnis (619-670) sehr viele Titel enthält, stellt sich für den Autor stets die Frage, welche Publikationen aufgenommen werden und welche nicht. Diese Auswahl ist stets subjektiv, von einem Handbuch darf man aber erwarten, dass die entscheidenden Veröffentlichungen aufgeführt sind. Insgesamt hat Hartwin Brandt meines Erachtens maßgebliche Werke berücksichtigt.
Am Anfang des Kapitels über Augustus beginnt Hartwin Brandt mit Hinweisen auf die umfangreiche Quellenlage, die zu diesem Kaiser existiert, worauf der Autor ausführlich eingeht. Zunächst vermittelt er Informationen zu den antiken Quellen wie Sueton, Nikolaos von Damaskus, Velleius Paterculus, Flavius Josephus und vor allem Cassius Dio. Von großer Bedeutung, wenn auch teilweise einseitig, sind die zahlreichen Bemerkungen des Tacitus, und dies nicht nur im Fall des Prinzeps. Immer wieder greift Hartwin Brandt auf die Schrift des Augustus: Res gestae zurück. Vergessen werden auch nicht die augusteischen Dichter wie Vergil und Horaz. Besonderes Augenmerk verdienen nach Hartwin Brandt die zahlreichen Inschriften, die gerade im Zusammenhang mit der „medialen (Selbst-)Darstellung des Princeps und seine kommunikativen Intentionen, für den gesamten Komplex der Neuordnung der Verwaltung, die Prosopographie der senatorischen und ritterlichen Eliten und die Militärreformen“ stehen (35). Der erste Abschnitt des ersten Kapitels stellt die Bedeutung der Schlacht von Actium (31 v. Chr.) heraus; hierbei prüft Hartwin Brandt genau die antiken Quellen und gleicht sie mit den Befunden moderner Historiker ab. Werner Eck wurde bereits erwähnt, auch das zu einem Standardwerk avancierte Buch von Dietmar Kienast (Augustus. Prinzeps und Monarch. Darmstadt 1982, 42009 [nicht berücksichtigt hat Hartwin Brandt die 5. Auflage, Darmstadt 2014]) wird immer wieder zitiert.
Er zeichnet die weitere Entwicklung der folgenden Jahre genau nach, vor allem wie Augustus den Spagat geschafft hat, den Anschein zu erwecken, die alte res publica wieder herzustellen, und gleichzeitig seine Vormachtstellung als Prinzeps geschickt zu kaschieren. Dazu gelang es dem Herrscher, den einzelnen gesellschaftlichen Gruppierungen geschickt ihre jeweiligen Rollen zuzuordnen. Allerdings lässt sich nicht behaupten, dass Augustus von Anfang an gewusst hätte, wie sich das neue System des Prinzipats realisieren ließ, sondern es handelte sich um eine dynamische Entwicklung. Dabei war entscheidend, dass der Nachfolger Caesars allgemeine Akzeptanz erzeugte. In den sich daran anschließenden Abschnitten geht Hartwin Brandt näher auf die Krisen und Auswege, auf die Pax Augusta und auf das Verhältnis des Augustus zum römischen Reich ein. Dieser Kaiser verstand es meisterhaft, sich selbst öffentlich wirksam darzustellen bzw. darstellen zu lassen. Paul Zanker hat uns in seinem wegweisenden Buch erläutert, dass Augustus erkannt hat, welche Wirkung Bilder auf seine Zeitgenossen erzielten (Augustus und die Macht der Bilder. München 1987). Hartwin Brandt entwirft eine lebendige Skizze vom Leben des Kaisers, der immer wieder erfahren musste, dass ein möglicher Nachfolger verstarb, bis schließlich die Wahl auf Tiberius fiel, eine Person, die Augustus offensichtlich nicht für geeignet hielt. Die Rolle von Individuen wird beleuchtet, stets unter Rückgriff auf die antiken Quellen und die moderne Forschung. In Fällen, in denen die Sachlage nicht eindeutig ist, benennt Hartwin Brandt diesen Umstand. Als Beispiel möchte ich den Ort der Varus-Schlacht anführen, den manche Historiker und Archäologen in der Nähe von Kalkriese vermuten. Hartwin Brandt verweist auf die entscheidenden antiken Quellen und auf die jüngsten Studien zu diesem Thema und benutzt dabei das Wort „vielleicht“ (69). An mehreren Stellen seiner Ausführungen hebt er darauf ab, dass Augustus gezwungen war, die Vertreter wichtiger gesellschaftlicher Gruppen wie Senatoren, Ritter und Eliten in den Provinzen „als repräsentationsorientierte Statusgruppen“ ernst zu nehmen und „an der politisch-militärischen Praxis“ zu beteiligen, ohne die eigene Machtposition in Gefahr zu bringen (72). Ihm ist es nach Hartwin Brandt auch gelungen, „dass der Princeps die für ihn unverzichtbare Verfügungsgewalt über die militärischen Ressourcen in republikanische Formen“ zu kleiden (72). Ein wesentliches Moment der Selbstdarstellung manifestiert sich in der Bautätigkeit, die bereits beim jungen Prinzeps zu beobachten ist. Dem hat schon Sueton Rechnung getragen, als er feststellte, dass Augustus eine Stadt aus Marmor hinterlassen habe, während er eine aus Ziegeln vorgefunden habe (Suet. Aug. 28,3). Hartwin Brandt liefert einige Details dieser Bautätigkeit, wobei der Abschnitt den Titel: Die Monarchisierung des Stadtbildes trägt (98-108). Er skizziert im Anschluss daran die Ideologie des augusteischen Prinzipats und stellt die von Augustus bevorzugten Götter vor (109-115). Der Verfasser des Handbuchs zeichnet ein eindrucksvolles Bild des Kaisers Augustus nach, ohne dessen Schwächen auszublenden. Im Gegensatz zu einigen antiken Autoren entsteht kein einseitiges Bild des Begründers des Prinzipats. Auf Gegenwartsbezüge und Vergleiche mit aktuellen Herrschern verzichtet Hartwin Brandt. Ihm geht es darum, ein umfassendes Bild des Herrschers dem Leser zu vermitteln.
Im Falle des Tiberius ist die Quellenlage besonders gut. Tacitus, Cassio Dio, Sueton und Velleius Paterculus seien als Autoren genannt, die Einzelheiten zu Leben und Tätigkeit des Nachfolgers von Augustus vermitteln. Hartwin Brandt weist ausdrücklich auf die große Bedeutung der epigraphischen Dokumente hin und nennt zum Beispiel die Tabula Hebana, die Tabula Siarensis sowie das senatus consultum de Cn. Pisone patre (116/117). Im Gegensatz zu Augustus wird Tiberius meist negativ beurteilt, außer bei Velleius Paterculus. Den Quellen nach galt dieser Kaiser als Nachfolger nur als zweite Wahl, Augustus hatte sich eigentlich seine beiden Enkel und Adoptivsöhne C. und L. Caesar gewünscht, die aber frühzeitig starben. Obwohl Tiberius nach Aussagen des Tacitus die Taten und Worte des Augustus wie ein Gesetz beachtete (Tac. Ann. 4,37,3), gelang es ihm nicht an die Erfolge seines Vorgängers anzuknüpfen. Vor allem schaffte er es nicht, allseitige Akzeptanz zu erfahren. Auch Tiberius machte sich früh Gedanken über seinen Nachfolger, aber sowohl Germanicus als auch sein Sohn Drusus (minor) Caesar verstarben. Im Falle des letzteren gab es Gerüchte über eine Vergiftung durch den eigenen Vater, aber die antiken Quellen schlossen auch einen natürlichen Tod nicht aus (132). Tacitus und Cassius Dio überlieferten die Nachricht, Livilla, die Frau des Drusus, sei gemeinsam mit ihrem Liebhaber, dem Prätorianerpräfekten L. Aelius Seianus, für den Tod des Tiberius verantwortlich (132). Dieser war nach dem Rückzug des Kaisers auf die Insel Capri (26 n. Chr.) der einflussreichste Politiker in Rom gewesen (133-145). Ob er an einer Verschwörung gegen Tiberius beteiligt war, ist für Hartwin Brandt nicht plausibel, obwohl mehrere antike Autoren darüber berichten (Sueton, Josephus Flavius, 144). Das Bild dieses Kaisers ist ambivalent, er hatte vor seinem Amtsantritt beachtliche militärische Erfolge zu verzeichnen, auch in der Verwaltung der Provinzen kann man ihm erfolgreiches Wirken attestieren. Obgleich er die letzten 11 Jahre seines Lebens nicht in Rom weilte, sondern auf Capri, hat er seine Regierungsgeschäfte nicht vernachlässigt. Die Gründe für seine negative Beurteilung der meisten antiken Autoren sind vielfältig. Hartwin Brandt vertritt die Auffassung, Tiberius habe „die Möglichkeiten, über eine anspielungsreiche Baupolitik eine eigene «imago» zu entwickeln und damit die eigene Herrschaft in besonders eindringlicher Weise zu legitimieren, nicht genutzt“ (141). Er arbeitet deutlich heraus, dass Tiberius nicht in der Lage war, angemessen mit den verschiedenen einflussreichen gesellschaftlichen Gruppierungen zu kommunizieren. Palastintrigen, die bereits erwähnte Verschwörung des Seianus und die Beseitigung römischer Senatoren in zahlreichen Majestätsprozessen (136) sind weitere mögliche Gründe für die Ablehnung dieses Herrschers. Vergessen darf man indes nicht, dass Tiberius nicht nur Senatoren zu seinen Freunden (amici) zählte, sondern auch Ritter und Personen „unterhalb der aristokratischen Ebene wie den Astrologen Ti. Claudius Thrasyllus“ 135). Hartwin Brandt geht auch den überlieferten Umständen des Todes von Tiberius nach und wertet zu Recht die Quellen behutsam aus. Dass die römische Bevölkerung angeblich den Wunsch gehabt habe, Tiberius in den Tiber zu werfen (Tiberium in Tiberim! Suet. Tib. 75,1), könnte ein Indiz dafür sein, dass er die Akzeptanz des Volkes komplett verloren hatte.
Insgesamt wägt Hartwin Brandt die Informationen der unterschiedlichen antiken Quellen unter Berücksichtigung der neueren Forschung angemessen ab. Die jüngst erschienene Studie von Holger Sonnabend (Tiberius, Kaiser ohne Volk. WBG: Darmstadt 2021) konnte er allerdings noch nicht einsehen. Michael Mause macht darauf aufmerksam, dass Holger Sonnabend davor warnt, die einseitige kritische Perspektive der genannten Autoren auf Tiberius einfach zu übernehmen, sondern den Rat erteilt, „zwischen den Zeilen zu lesen“ (Michael Mause in seiner Rezension zum Buch von H. Sonnabend, in: Forum Classicum, Heft 3, 2021, 229).
Ich komme nun zum dritten Kaiser, über den einige Beobachtungen im Handbuch getroffen wurden: zu Mark Aurel. In diesem Fall gibt es ebenfalls eine gute Quellenlage und zahlreiche Veröffentlichungen, auch aus jüngster Zeit. Neben Cassius Dio sind als weitere Quellen die Historia Augusta, Fronto und Eusebius zu nennen. Auch Herodian liefert interessante Details zum Leben des Mark Aurel. Hartwin Brandt hat aus gutem Grund die antiken Quellen zu Lucius Verus berücksichtigt, der einige Jahre gemeinsam mit seinem Adoptivbruder und Schwiegervater als Kaiser bis zu seinem Tod mitregierte (bis 169 n. Chr.), in Form eines Doppelprinzipats, der auch als Samtherrschaft bezeichnet wurde (380ff.). Nicht zuletzt wegen seines philosophischen Werks: Selbstbetrachtungen haben bereits die Zeitgenossen Mark Aurel respektiert und bewundert. Er genoss sogar hohe Verehrung. Hartwin Brandt weist mit voller Berechtigung darauf hin, dass auch andere Facetten beachtet werden sollten. „Mark Aurel war so wenig ein dem Kriegsgeschehen abgeneigter, vergeistigter Philosophenkaiser wie Antoninus Pius ein pazifistisch gesonnener Friedensherrscher. Die bereits in der antiken Geschichtsschreibung verbreitete und in der modernen Forschung bisweilen geteilte Neigung, Mark Aurels Selbst- und Rollenverständnis als Kaiser mit Hilfe seiner «Selbstbetrachtungen» und zeitgenössischer philosophischer Anschauungen zu bestimmen – hier wäre vor allem die «Zweite Sophistik» zu nennen – führt zu Fehleinschätzungen“ (383). Quellen wie Inschriften, Münzen und archäologische Denkmäler beweisen, dass Mark Aurel durchaus seine Aufgaben im militärischen Sektor wahrgenommen hat (383/384). Hartwin Brandt arbeitet einerseits markante ältere Publikationen in seine Darstellung ein, wie etwa die bedeutende Studie von A.R. Birley (Marcus Aurelius. A Biography. 2. Aufl. London 1987), andererseits aber auch Veröffentlichungen jüngeren Datums (Klaus Rosen, Marc Aurel. Reinbek 1997; Jörg Fündling, Marc Aurel. Darmstadt 2008; Alexander Demandt, Marc Aurel. Der Kaiser und seine Welt. München 2018). Wie auch bei den anderen Kaisern greift Hartwin Brandt nicht nur auf literarische Quellen zurück, sondern auch auf numismatische, archäologische und weitere Dokumente wie Kunstwerke zurück. Ähnlich wie Augustus verstand es Mark Aurel meisterhaft, sich in Szene zu setzen und mit seinen Zeitgenossen angemessen und erfolgreich zu kommunizieren. So wurde er von Senat und Volk in einer Inschrift (CIL 6, 1014) als größter Imperator gerühmt (391). Seine Akzeptanz stand außer Frage.
Hartwin Brandt legt ein äußerst wichtiges und nützliches Instrumentarium für diejenigen vor, die sich mit der römischen Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian intensiv auseinandersetzen möchten. Ihm ist es gelungen, ein sehr gut lesbares Handbuch zu verfassen, in dem er zu vielen Details eine klare Position bezieht und eine eindeutige Wertung vornimmt. Hartwin Brandt gebührt größte Anerkennung für seine Zeit und Mühe, die er für die Publikation eines solchen Opus auf sich genommen hat. Wie auch die anderen Handbücher dieser Reihe kann man in diesem Werk faktensichere Informationen abrufen, die auf einer soliden wissenschaftlichen Basis beruhen. Dank gebührt auch dem Lektorat des C. H. Beck Verlages für die äußerst akribische Drucklegung. Die Anschaffung dieses Handbuchs ist uneingeschränkt zu empfehlen.
Rezensent: Dietmar Schmitz