Susan Stokes-Chapman, Das Erbe der Pandora Blake, aus dem britischen Englisch von Elisabeth Maler, München 2023, ISBN 978-3423283496, € 23,00

bzw. die gelesene Version: Susan Stokes-Chapman, Pandora, London 2023, ISBN‎ 978-1529114744, 11,50 €

Wir befinden uns in London im Jahr 1799: Die 21-jährige (Pan)Dora Blake führt mit ihrem Onkel Hezekiah das Antiquitätengeschäft ihrer verstorbenen Eltern, die sich ihrer Zeit insbesondere mit (früh)griechischen Gütern beschäftigten. Leider hat Hezekiah das Geschäft heruntergewirtschaftet, weswegen Dora sich erträumt, als Goldschmiedin eigenständig leben zu können, um ihrem Vormund zu entgehen. Eines Tages, als ebenjenem ein mysteriöser griechischer Pithos geliefert wird, den er sofort in die ihr verschlossenen Kellerräume bringen lässt, muss Dora feststellen, dass die Vergangenheit dunklere Geheimnisse birgt als erwartet. Um ihre Neugier zu stillen und ihrem Onkel auf die Schliche zu kommen, verbündet sich Dora mit dem Buchbinder und angehenden Archäologen Edward, woraus sich ein geheimnisumwobenes Abenteuer entwickelt.

Unbemerkt wird der Lesende in den Bann gezogen, während die Geschichte, die aus drei unterschiedlichen Perspektiven erzählt wird, langsam aber sicher an Fahrt aufnimmt. Auf 448 Seiten entfaltet sich in elegantem und kunstvollem Schreibstil, der das Herz eines Philologen zum Höherschlagen bringt, die historische Fiktion rund um das Georgianische Zeitalter, das mit Magie und Mythos der Antike verstrickt wird. Während sich die Romanze und ein Teil der Geschichte zwar vorhersehbar entwickeln, liegt der Reiz des Buches im Detail: Das Lesen und es zu genießen, ist das Ziel. Es zaubert einem unwillkürlich ein Lächeln auf die Lippen, wenn die Charaktere Namen wie Horatio oder Hermes tragen, wenn das griechische Alphabet im Kopf aufgesagt wird, um sich zu beruhigen, wenn ganz nebenbei das Wissen rund um weißgrundige Vasenmalerei aufgefrischt wird oder wenn der Übersetzungsfehler „eines niederländischen Philosophen“ (von πίθος = Krug zu πυξίς = Büchse) eine wichtige Rolle für die Aufklärung einiger Rätsel spielt.

Es handelt sich also bei diesem Werk nicht um eine Reinterpretation, wie es sie im Moment vermehrt zu entdecken gibt, sondern um eine Weitererzählung des altbekannten Mythos. Interessant ist dieser gelungene Debüt-Roman also für alle, die historische Fiktion aus der Zeit Napoleons, verwoben mit antikem Mythos, begeistern kann.

Anna Stöcker, Bergische Universität Wuppertal