Ausstellung „Göttinnen und Gattinnen. Frauen im antiken Mythos” im Alten Museum Berlin, nähere Informationen:
https://www.smb.museum/ausstellungen/detail/goettinnen-und-gattinnen/
Ausstellung „Göttinnen und Gattinnen. Frauen im antiken Mythos” im Alten Museum Berlin, nähere Informationen:
https://www.smb.museum/ausstellungen/detail/goettinnen-und-gattinnen/
Arlene Holmes-Henderson (Hrsg.), Expanding Classics. Practionner perspectives from museums and schools, London/New York (Routledge) 2023, ISBN 978-1-032-021171-1 (Paperback), ca. 25 €
An sich sprechen zwei Gründe dagegen, dieses Buch hier vorzustellen: Erstens ist keine Neuerscheinung im engeren Sinne mehr, zweitens bezieht es sich sehr spezifisch auf die Situation in Großbritannien. Gleichwohl spricht das 132-seitige Opusculum in seinen sieben Beiträgen ebenso aktuelle wie übertragbare Einsichten über die, sagen wir einmal, klassische Bildung („altsprachlicher Unterricht“ griffe eben zu kurz) an, dass zumindest ein kurzer Blick lohnt. Die Herausgeberin beginnt mit einer etwas bedrückenden Bestandsaufnahme: Die Alten Sprachen gelten in der öffentlichen Wahrnehmung öfter als kolonialistisch, exklusiv, elitär und selektiv und finden (deswegen) höchstens befürwortende Stimmen aus dem extremen rechten politischen Spektrum, auch das aber nur vereinzelt. Dem stellt Arlene Holmes-Henderson nun sieben best practice-Beispiele gegenüber: Sie beginnt mit einem Bericht über ihr eigenes Projekt über Latein- und Griechischunterricht für 6- bis 11-Jährige. In der begleitenden Längsschnittstudie konnte empirisch nachgewiesen werden, das davon gerade nicht ohnehin begabte, sondern solche mit unterdurchschnittlichen Leistungen am meisten profitieren. In eine ähnliche Richtung geht der folgende Beitrag von Peter Wright, der positive Erfahrungen bei der Neueinführung von (um es einmal grob zu vereinfachen) nicht-gymnasialem Latein in Schulen mit besonderer sozialer Problemstellung berichtet. Bei Anna Blohr, Meghan McCabe und Arlene Holmes-Henderson geht es um die Wirkungen einer Lektüre antiker Klassiker (insbesondere der Odyssee) in Übersetzung auf die sprachliche Bildung von Schülerinnen und Schülern mit (Flucht- und) Migrationshintergrund. Alex Gruar lotet die (in den Lehrbüchern noch nicht ausgeschöpften) thematischen Potentiale für ethnische Diversität aus und die Wirkung einer entsprechenden Perspektive aus Lernende mit Migrationshintergründen aus. Anna McOmish weist au die Chancen eines Geschichtsunterrichts hin, der durch eine breitere Berücksichtigung des Alten Orients Schülerinnen und Schülern inkludierende Zugänge bietet. Susanne Turner schildert Angebote des „Museum of Classical Archeology“ in Cambridge, die innovativ und niedrigschwellig neuen Gruppen von Besucherinnen und Besuchern die Kunst und Alltagskultur der Antike nahebringen. Emma Payne und Laura Gibson schließlich schildern den Einsatz von mit dem 3D-Drucker erzeugten Repliken im Unterricht.
Das Buch bezieht sich angesichts der ausgeprägten Praxisorientierung stark auf das britische Schulsystem. Doch gerade im Hinblick auf neue Orte des altsprachlichen Unterrichts, auf lohnende Kompetenzziele auch unterhalb des (kleinen) Latinums oder des Graecums, auf die Chancen der Lektüre in Übersetzung und auf die sich aus dem interdisziplinären Konzept der „Classics“ ergebende holistische Sicht auf den Bildungswert der Antike hält manche Anregungen bereit - und das mit einem durchweg ermutigenden Tenor.
Stefan Freund
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